Frieda wickelt alle um den Finger

„Ein Hund ist kein Hund“

(oder in diesem Falle die Erforschung des „Pudels Kern“)

Nach gut zwei Jahren des glücklichen Einzelhundehalterdaseins wurde im Familienrat beschlossen, diesem Status ein Ende zu setzen!

Getreu nach dem Motto: „Ein Hund ist kein Hund“ war der Beschluss gefasst, einem weiteren Vierbeiner ein Wohnrecht auf Lebenszeit bei vollem Familienanschluss einzuräumen.

Eines war direkt klar: Ein Großpudelwelpe sollte es sein!

Gesagt, getan: Nach einigen kuriosen Gesprächen mit Großpudelzüchtern, die uns kurzzeitig fast von unserem absoluten Wunschhund abbrachten, fanden wir dann doch die richtige Züchterin für uns.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste jetzt Rosie mit ins Boot!

Wer sollte mir denn schließlich sonst bei meiner generalstabsmäßigen Welpenvorbereitung mit Rat und Tat zur Seite stehen?

Und meine tausendste Frage mit Engelsgeduld beantworten?!

Die Sache hatte nur einen kleinen Haken, denn einer von Rosie’s Sätzen hatte sich förmlich in mein Trommelfell gebrannt: „Ein Zweithund ist nicht immer ein Segen!“

Kurzerhand nahm ich den Hörer in die Hand und legte sozusagen meine Beichte ab. Wie eigentlich nicht anders zu erwarte, wurde mir kurz auf den Zahn gefühlt, ob ich mir wirklich über die Tragweite meiner neuen Lebensaufgabe

– sprich einen Ersthund weiter in der Spur zu halten, einen Welpen erstmal in Spur zu bringen, einen siebenjährigen Sohn namens Wirbelwind zu bändigen und einem Ehemann weiter eine treu sorgende Ehefrau zu sein,

bewusst sei. Nachdem wird das zu beidseitiger Zufriedenheit geklärt hatten, wurde mir natürlich jegliche Unterstützung sowohl auf tierischer Seite, als auch psychologischer Art für heulende, bereuende und gestresste Zweithundebesitzer zugesichert.

So zog Ende März dann endlich unsere kleine Großpudeldame Frieda bei uns ein. Das erste Zusammentreffen unserer nun zwei Fellnasen verlief dank Rosie’s patenter Tipps vollkommen problemlos. Nach kurzer Zeit fühlte sich Frieda bei uns auch pudelwohl. Denn still und heimlich hatte sie jegliche Lücke im System entdeckt und nutzte meine Schwächen schamlos aus.

Die vielbesagte Intelligenz des Pudels, die auf der einen Seite zwar ein wahrer Segen ist, schlägt auf der anderen Seite jedoch erbarmungslos zu, um die eigenen erzieherischen Unzulänglichkeiten zutage zu fördern.

Diesen Tatbestand deckte Rosie dann natürlich auch prompt bei ihrem ersten Welpenbesuch auf bevor sie überhaupt ganz über die Türschwelle getreten war. Es war ja (glücklicherweise) auch nicht anders zu erwarten.

Aber Rosie wäre schließlich nicht Rosie, wenn sie nicht direkt nach einer kurzen und charmanten Frauchenkopfwäsche patente und vor allem praktikable Tipps und Tricks zur Pudelbändigung parat hätte.

Den schönen Spruch – Willst Du gelten, mach Dich selten – aus Rosie’s unerschöpflichem Repertoire versuchte ich mir neben vielen anderen Ratschlägen von nun an zu Herzen zu nehmen.

Doch ganz so einfach wie bei unserem Ersthund Spike, der nach nur wenigen Rosie-Besuchen „ratz-fatz“ verstand, dass nur Frauchen der Kuchen und er höchstens der Krümel ist, sollte es mir Frieda nicht machen.

Die ach so süße Pudeldame hat es nämlich nicht nur faust-, sondern meterdick hinter den Ohren!

Man könnte auch sagen Frieda versteht sich hervorragend darin, Frauchen und den Rest der Familie ganz nach ihren Wünschen zu erziehen. Jegliche Erwartungshaltung unsererseits ihr gegenüber qittiert sie konsequent mit einer „ihr könnt mich mal gern haben“-Haltung und macht letzendlich was sie will. Wenn man ein Freund der Tatsachenverschleierung ist, kann man jetzt schlichtweg behaupten, das liegt halt am Hund. Doch selbst die Halbwegsrealisten würden sich damit schamlos selbst belügen und hätten die Rechnung ohne Rosie gemacht.

Wie so häufig zeigte sie mir bei ihrem zweiten Besuch in faszinierender Manier, dass das Problem nicht der Hund ist, sondern ich!

Rosie betritt den Raum und kurze Zeit später ist aus dem Terrorpudel ein süßes Lämpchen geworden. Das stellt sich doch einem ganz spontan die Frage, was hat sie, was ich nicht habe? Auf den ersten Blick, vermutet man fast magische Kräfte oder vielleicht Voodoo? Doch bei genauerem Hinsehen (ohne Rosie natürlich entzaubern zu wollen) handelt es sich natürlich in erste Linie um inner Ruhe, Klarheit, Konsequenz, richtiges Timing und die unfassbare Gabe, Hunde nach kürzester Zeit lesen zu können.

Und genau da hätten wir dann auch mein Hauptproblem mit Frieda enttarnt. Meine Leistungen in innerer Ruhe, richtigem Timing und der Lesefähigkeit sind mangelhaft – sprich ich bin stark versetzungsgefährdet. Da bin ich ehrlich gesagt froh, dass Rosie keine blauen Briefe verteilt. Von nun an heißt es also, lerne deinen Hund lesen und passe dein Verhalten dementsprechend an. In Frieda’s Fall bedeutet dies „dieser Weg wird kein leichter sein“, denn ich muss mir ihren Respekt verdammt hart erarbeiten. In erster Linie mit: „Der Pudel ist Luft. Es sein denn, Ich möchte etwas von ihm. Spaß gibt es nur vom – und vor allem mit mir. Und schlechtes Verhalten, wenn es nicht gleich lebenbedrohlich ist, wird schlichtweg ignoriert.“ Denn schließlich gibt es wohl durchaus Fellnasen, die sich selbst an negativer Aufmerksamkeit förmlich ergötzen. Kleinere Makulaturschäden, die dadurch unter Umständen entstehen müssen halt dabei mal billigend in Kauf genommen werden (kleinere Intarsien im Stuhlbein sehen ja schließlich auch nicht schlecht aus).

Ich bemühe mich redlich, verbuche die ersten Erfolge und bin mir ganz sicher mit Rosie’s Unterstützung und meinen Lernerfolgen gelangen wir zum Pudel’s Kern.

Und im Gegenteil zu Göthe’s Faust werden wir in ihm nicht den Teufel finden!

Danke Rosie!