Lucy, der Katzenjäger

Der Tag als Lucy, ein 2,5 Jahre alter Griffon-Mischling bei uns einzog, war ein totales Desaster. Bestens von der Frau vom Tierschutz instruiert und ausgestattet, holten wir Lucy frohgemut von ihrer Pflegestelle im Hunsrueck ab. Noch die Worte im Ohr, „Hund, Katze, Maus – für den Hund ist erstmal alles Hund!“ führten wir Lucy in unseren Haushalt ein – zum schieren Entsetzen unserer zwei Katzen! Die erste Kontaktaufnahme verlief ruhig, doch dann wurde es der Katze zuviel und sie schreckte den bis dahin friedlich auf meinem Schoß sitzenden Kater mit auf. Dieser biss erstmal kräftig zu (mein Oberarm geriet ihm zwischen die Zähne) und dann „flogen“ zwei Katzen schreiend und fauchend durchs Wohnzimmer und der Hund flippte total aus… irgendwann machte unser Sohn dann die Terassentür auf, die er gutmeint verschlossen hatte, und die Katzen flüchteten. Es dauerte eine 3/4 Stunde den Hund zu beruhigen, ich war inzwischen zur medizinischen Versorgung meiner Bisswunden im Krankenhaus… !

Der erste Spaziergang war ähnlich katastrophal. Lucy zog und zerrte und hatte nichts anderes als Mäuse und Kaninchen jagen im Kopf, eine Leine hatte sie noch nie umgehabt. !
Nach 5 Tagen lagen die Nerven blank, die Katzen machten einen Bogen ums Haus, Lucy flippte jedes mal aus, sobald sie eine Katze wittere, ich weigerte mich mit ihr spazieren zu gehen, weil sie jedes mal von anderen Hunden attackiert wurde und mich die Spaziergänge physisch und psychisch an meine Grenzen brachten. Nachts konnte ich nicht mehr schlafen und tags war ich nur am heulen. Die Nummer von Rosie hatten wir schon vorher von der Frau vom Tierschutz, aber natürlich nicht benutzt. Ich wollte Lucy wieder zurück bringen, heimlich und gegen den Willen der Familie. Mein Mann überredete mich dann aber doch noch, Rosie anzurufen und einen Termin mit ihr auszumachen. Rosie kam einen Tag später und wusch uns erstmal gründlich den Kopf. Tränen flossen in Strömen und sie versprach mit uns gemeinsam zu arbeiten und uns und Lucy auf Kurs zu bringen. Sie fing gleich damit an, indem sie Lucy abgewöhnte, den Katzen nachzustellen. Das war schon hart genug für den Hund und ich litt doppelt mit. Rosie musste dann zu drastischeren Mitteln greifen und konfrontierte Hund und Kater direkt mit kurzer Leine und klarer Ansage. Siehe da, es zeigte Wirkung! Zu unserem Erstaunen hatte Lucy nun jemanden, der ihr zeigte, wie man sich ordentlich verhält und vor allen Dingen – dem sich Lucy auch fügte! Wir waren beeindruckt! Rosie verliess uns mit der Aufgabe, uns darüber klar zu werden, was wir wollten. Sie hatte einen guten Eindruck von Lucy und wir hatten einiges zu lernen. Wir entschlossen uns, unter Rosies Anleitung Lucy ein funktionierendes Hund-Mensch Team zu werden. Nach jedem Training mit Rosie waren nicht nur Lucy, sondern auch wir völlig fertig und versuchten noch konzentrierter Rosies Vorgaben im Umgang mit Lucy umzusetzen. Inzwischen gehen Lucy und ich zum Gruppentraining, was mir immer wieder hilft, fokussierter im Umgang mit ihr zu sein und all die kleinen Nachlässigkeiten zu korrigieren.!

Lucy ist nun fast ein Jahr bei uns. Der Kater hat sich von uns verabschiedet, er ist nicht mehr nach Hause gekommen und es hat einige Zeit gedauert, bis wir seinen Unterschlupf ausfindig machen konnten. Seit November lebt er nun bei einer befreundeten Familie und ist dort sehr glücklich. Die Katze und Lucy sind freundlich im Umgang miteinander – die Katze schmust den Hund an, wenn es ihr gerade in den Kram passt, ansonsten kriegt Lucy gerne mal einen auf die Nase. Aus dem wüsten und unerzogenen Hund und ihren naiven Besitzern ist inzwischen ein ganz passables Team geworden. Wir haben gelernt, wie sich beide Seiten am Ende der Leine zu verhalten haben und das Spaziergänge doch Spass machen. Seit ein paar Wochen klappt es auch viel besser mit anderen Hunden. Die anderen Hunde spüren, dass auch Lucy nun weiß, zu wem sie gehört und sich sicher fühlt. Da Lucy eine übermotivierte Jägerin ist, muss sie an der langen Schleppleine laufen, was ungestüme Spielerei und Rangelei mit anderen Hunden einschränkt, aber nicht unmöglich macht. Aber es klappt! Und zwar immer besser! !

Würden wir sie heute wieder hergeben? Auf keinen Fall – und das haben wir nur Rosie und ihrem beeindruckenden Umgang mit Hund und Mensch zu verdanken!!